STUDIUM Uta Jüttner hat bereits zahlreiche Forschungsprojekte begleitet. Wie die Forschung an Fachhochschulen funktioniert – wie wir Studierende davon profitieren und uns beteiligen können, verrät sie im Interview mit dem Studirat.
Frau Jüttner, in welchen Bereichen haben Sie schon geforscht?
Da ich schon sehr lange an der Hochschule Luzern bin und von Anfang an viel Forschung betrieben habe, waren die Bereiche umfassend. Wenn man einen gemeinsamen Nenner nimmt, betreibe ich am liebsten Forschung in Themen, die sich mit der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen auseinandersetzen. Das können beispielsweise Prozesse, Beziehungen, Netzwerke oder Lieferketten zwischen Unternehmen sein.
Haben Sie ein konkretes Beispiel zu einem Forschungsprojekt, wo es genau um diese Beziehungen geht?
Im Moment leite ich zwei grössere Projekte. Ein Projekt beschäftigt sich mit dem Thema, wie Supply-Netzwerke so gestaltet werden können, dass sie resilient gegenüber Unterbrechungen wie einer Pandemie sind. Das ist im Bereich «Risiken» von Supply-Netzwerken. Beim zweiten Projekt geht es um das Thema Sharing zwischen Unternehmen, also B2B-Sharing. Wir kennen alle Sharing aus Kontexten, in denen es eher um Konsumenten geht, wie Airbnb oder Uber. Jetzt geht es darum, wie auch Unternehmen betriebswirtschaftliche Ressourcen teilen können. Dazu gehören beispielsweise Arbeitskräfte, Maschinenkapazitäten, Transportfahrzeuge, Lagerhallen sowie die Logistik.
Wie kommen Forschende von Fachhochschulen zu geeigneten Forschungsthemen?
Wir unterscheiden uns von Universitäten, die Grundlagenforschung betreiben und damit die Themen aus einer zukunftsbezogenen, gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Relevanz suchen. Wir sind eher in der angewandten Forschung. Das bedeutet wir stehen in engem Kontakt mit Firmen und hören uns ihre Themen an, die strategischer Natur sind, wie beispielsweise dieses B2B-Sharing. Auf der anderen Seite sind wir aber ebenso in der Literatur und in der Academic Community. Über Konferenzen versuchen wir einen Match zu machen, zwischen dem, was die Praxis braucht und dem, was für die Academic Community und aus Forschungssicht innovativ genug ist.
Wer finanziert die Forschungsprojekte an der Hochschule?
Das ist auch ein klarer Unterschied zu Unis, die eine Grundfinanzierung in einem deutlich höheren Ausmass haben als wir bei den Fachhochschulen. Bei den Fachhochschulen ist es so, dass wir gewisse hochschulinternen Mittel haben, die aber eher eine Anschubfinanzierung sind. Wenn wir eine neue Idee haben, diese entwickeln, Gespräche mit den Firmen führen und den Antrag schreiben, deckt dies meistens diese Finanzierung ab. Die Anschubphase macht in der Regel 15-20 Prozent aus und die restlichen 80 Prozent sind Bundesgelder, öffentliche Gelder oder Stiftungsgelder. Ganz wichtig für uns ist die Innosuisse als Agentur.
Welche Methoden werden angewandt, um zu den Forschungsergebnissen zu kommen?
Natürlich die ganze Bandbreite. Dadurch, dass wir jeweils mit zwei bis drei Firmen zusammenarbeiten in einem Forschungsprojekt und diese Firmen sozusagen die Anwendungspartner sind, haben wir häufig Fallstudien. Es gibt quantitative Methoden, die wir durchaus einsetzen, um Mitarbeitende oder Kunden zu befragen. Aber wir machen eher weniger repräsentative, quantitative Studien. Das heisst insgesamt verwenden wir vermehrt Fallstudien und weitere qualitative Methoden sowie zum Teil Experimente.

Was macht Ihnen am meisten Spass bei der Mitarbeit an Forschungsprojekten?
Für mich ist es eine schöne Mischung aus Einzelarbeit und Teamarbeit. Ich bin jemand, der sich gerne in die Literatur vertieft, liest und konzeptionell denkt. Das ist etwas, was mir liegt. Als Forscherin und Forscher braucht man das auch und muss gut allein klarkommen. Dadurch, dass wir so angewandt forschen, wird auch immer wieder etwas im Team entwickelt. Diese Balance finde ich sehr schön. Was ich auch besonders mag, ist das längere Dranbleiben an einem Thema.
Welchen Mehrwert generieren die Forschungsprojekte?
Die Projekte haben für unterschiedliche Anspruchsgruppen einen Nutzen. Einerseits profitieren die Firmen, die uns unterstützen. Die Firmen müssen Projekte sowohl mit ihrer Zeit als auch mit einem finanziellen Beitrag unterstützen. Die Hochschule profitiert ebenso bei der AACSB-Kreditierung. Das ist ein wichtiges Qualitätssiegel für Hochschulen und die Forschungsleistung ist Bestandteil der Evaluierung. Das heisst, wir brauchen die Forschung, um die Schule auf einem gewissen Qualitätsniveau zu führen und nach aussen vermarkten zu können.
Entsteht so auch ein Mehrwert für die Studierenden?
Natürlich bringt es auch den Studierenden etwas, dass wir auf diese Art und Weise mit Firmen zusammen an Zukunftsthemen arbeiten können. Wir haben somit nicht nur Lehrbuchwissen, sondern können wirklich auch aktuelles und praxisorientiertes Wissen vermitteln im Unterricht. Dieser Transfer ist meines Erachtens sehr wichtig und wird von den Studierenden geschätzt.
Wie könnten sich Studierende an Forschungsprojekten beteiligen?
Das kann eine Bachelor- oder Masterarbeit sein. Ausserdem haben wir das neue Gefäss, dass sich Studierende direkt an Forschungsthemen beteiligen können und dafür drei ECTS-Punkte bekommen. Die Forschung läuft über die Institute und die Kompetenzzentren. Die Studierenden können sich direkt bei den Kompetenzzentren melden und nachfragen, ob es aktuell Projekte gibt, bei denen man mitarbeiten könnte.
Habt Ihr Lust an einem Projekt dabei zu sein und echte Forschungserfahrung zu sammeln? Auf MyCampus könnt Ihr euch über die aktuellen Forschungsthemen informieren und euch direkt bei den Projektverantwortlichen bewerben.
Autorin: Bojana Aleksic
Titelbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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