KARRIERE Bald den Abschluss in der Tasche und Zeit sich mit der Jobsuche zu beschäftigen. Recruiterin Manuela Schaller von KPMG verrät im Interview, wieso Karrieremessen Türen öffnen können und welche Chance dir ein guter CV bieten kann.

Manuela, wie hast du so schnell nach dem Studium eine Stelle in einem der grössten Wirtschaftsprüfungsunternehmen weltweit gefunden?

Während des Studiums habe ich die KPMG am Kontaktgespräch der Hochschule Luzern kennengelernt und konnte so einen ersten Kontakt knüpfen. Als es für mich dann so weit war, mich mit der Jobsuche zu beschäftigen, habe ich gesehen, dass die Stelle als Recruiterin bei KPMG ausgeschrieben war. Ich habe mich dann bei der Person gemeldet, die ich am Kontaktgespräch kennengelernt habe und es ging nicht lange, bis ich zu einem Gespräch eingeladen wurde. Glücklicherweise habe ich schlussendlich das Jobangebot bekommen.

Welche Kompetenzen werden von Hochschulabsolvent*innen und Werkstudent*innen erwartet?

Grundsätzlich wird von Hochschulabsolvent*innen in Bezug auf Fachkompetenzen etwas mehr erwartet als von Werkstudent*innen. Es sind Personen gefragt, die gerne im Team arbeiten, mutig sind, die sich an eine Challenge trauen, innovativ sind und sich selbst sowie die Firma weiterbringen möchten. Wichtig in unserem Umfeld ist das analytische Denken, das Verstehen von Zusammenhängen, Zuverlässigkeit und Belastbarkeit. Je nachdem stehen im Jobinserat weitere spezielle Fähigkeiten, die man mitbringen sollte.

Wie können sich Studierende auf die Arbeitswelt vorbereiten?

Mein Tipp ist, dass man sich an möglichst verschiedenen Orten informiert. Absolventenmessen sind sehr zu empfehlen, weil du dort sehr viele Arbeitgeber*innen und deren Mitarbeitende kennenlernst. Ein Praktikum empfehle ich allen Studierenden, die im avisierten Tätigkeitsbereich noch keine Berufserfahrung haben. Praktika bieten die Möglichkeit, einen Bereich näher kennenzulernen – bei einigen Unternehmen auch mit Aussicht auf eine Festanstellung. Zudem ist es immer hilfreich, sich anderweitig zu engagieren, sei das in einem Studierendenrat oder in Vereinen. Es zählt zwar nicht als klassische Berufserfahrung, aber man kann damit aufzeigen, dass man bereits erste wichtige Erfahrungen gemacht hat.

Was sollte unbedingt in einer Bewerbung drinstehen?

Generell wichtig ist, dass es sich um ein komplettes Dossier handelt. Das bedeutet, dass alle gewünschten Unterlagen vorhanden sein müssen. Wenn ein Motivationsschreiben verlangt ist, sollte dies keinen Abriss vom Lebenslauf darstellen. Folgende Fragen müssen beantwortet werden im Schreiben: Wieso willst du die Stelle haben? Wieso passt du zur Stelle und was interessiert dich spezifisch an ihr? Was bringst du mit und wieso soll man gerade dich einstellen?

Zudem ist es immer sehr gut, wenn man aufzeigen kann, wieso man ausgerechnet in diesem Unternehmen arbeiten will. Insofern ist es zwingend nötig, sich gut über die Firma zu informieren. Nicht, damit man zu einem Interview eingeladen wird, es ist insbesondere für die Bewerbenden von Bedeutung, da diese besser abschätzen können, ob sie überhaupt bei der Firma arbeiten wollen oder nicht. Es lohnt sich die Zeit zu investieren, auch wenn es manchmal herausfordernd ist.

Wie sollte ein CV aussehen?

Beim CV muss ich persönlich nicht unbedingt ein Foto sehen, wenn es aber eins hat, sollte es professionell sein. Selfies kommen meist nicht gut an. Wichtig ist beim CV zudem, dass dieser zu der Stelle passt. Ich rate davon ab, einen Standard-CV zu versenden. Einige Punkte sollen auf die Stelle angepasst werden. Wenn man sich z.B. für Marketing- und HR-Stellen interessiert, kann man zwei verschiedene CVs machen und entweder die marketingspezifischen Erfahrungen hervorheben oder eben die HR-relevanten. Man muss sich vorstellen, Recruiter*innen schauen sich zuerst den CV an und wenn dort das, wonach sie suchen, nicht drinsteht, dann kann das Motivationsschreiben noch so gut sein – es wird nicht mehr angeschaut.

Wie viele Seiten sollte ein CV umfassen?

Wichtig ist, dass er gut strukturiert ist und alle nötigen Informationen beinhaltet. Es soll nicht zu wenig und auch nicht zu viel sein und darum finde ich persönlich eine Richtlinie à zwei Seiten eigentlich nicht so schlecht. Für Hochschulabsolvent*innen müsste dies in der Regel reichen.

Was sind No-Gos?

Einige Kandidat*innen listen verschiedene Kompetenzen auf und geben sich dann Punkte von eins bis fünf. Das ist grundsätzlich nicht aussagekräftig. Man sollte möglichst konkret sein. Wenn man erwähnt, dass man teamfähig ist, sollte dies anhand eines Beispiels aufgezeigt werden.

Bei den Sprachkenntnissen schreibt man auch oft, gute Kenntnisse, sehr gute Kenntnisse… Was kannst du hier empfehlen?

Es gibt die internationalen Referenzrahmen, A1-C2. Ich würde dies sicher erwähnen und auch notieren, wenn du ein Diplom oder einen Sprachaufenthalt gemacht hast. Worte wie «gut», «sehr gut» usw. sagen nicht viel aus. «Verhandlungssicher» oder «Muttersprachniveau» wären da beispielsweise aussagekräftiger.

Welche Angebote hat KPMG für Studienabgänger*innen?

Wir bieten Werkstudent*innen-Stellen für neue Studierende, diese sind sehr rar und beliebt. Oft machen wir die Erfahrung, dass Praktikant*innen auch noch eine Werkstudent*innen-Stelle bekommen, deswegen werden diese häufig gar nicht ausgeschrieben. Praktika bieten wir in zahlreichen verschiedenen Bereichen an. Am besten schaust du mal bei kpmg.ch/jobs vorbei, da sind immer die aktuellsten Stellen ausgeschrieben. Für Hochschulabsolvent*innen, die wissen, in welchem Bereich sie arbeiten wollen, haben wir zwei weitere Angebote. Dies ist einerseits der Direkteinstieg, welcher teilweise in Kombination mit einer Ausbildung ist (Wirtschaftsprüfer*innen oder Steuerexpert*innen). Andererseits bieten wir Graduate Programme an, welche ebenfalls einer Festanstellung entsprechen und daher nicht beschränkt sind. Durch ein Graduate Programm erhält man einen guten Einblick in verschiedene Teams und kann so den Grundstein für die weitere Karriere legen.

Was unternimmt KPMG, um das Thema Diversität zu fördern?

Bei uns arbeiten über 57 Nationalitäten, das bringt sicherlich schon eine grosse ethnische und kulturelle Vielfalt mit sich. Zudem setzen wir uns aktiv dafür ein, eine inklusive Zukunft zu fördern, auch durch externe Partnerschaften. In diesem Rahmen gibt es verschiedene interne Aktivierungen wie Workshops und Lernpfade.  Ein konkretes Beispiel ist das KPMG Network of Women (KNOW). Das Netzwerk bietet unseren Mitarbeiterinnen eine Plattform, Erfahrungen auszutauschen, ihr Netzwerk zu erweitern und von Vorbildern zu lernen und ihre Karriere anzukurbeln.

Welchen Tipp hast du für die Lohnverhandlung bei einer Anstellung?

Ich empfehle, dass man die Frage nach dem Wunschlohn erst beantwortet, wenn man weiss, was alles zum Lohn dazugehört. Es gibt wichtige Faktoren, die Lohnbestandteil sein können. Bei uns bekommst du beispielsweise eine Essensentschädigung oder einen Beitrag ans Handy. Zudem ist auch wichtig zu wissen, ob der Lohn für eine 42-, 41-, oder 40-Stunden-Woche ist. Wenn man all das berücksichtigt, würde ich raten, eine Range anzugeben. Es schadet auch nicht, tendenziell ein bisschen höher zu gehen als das, was man wirklich will. Aber zu hoch rein würde ich definitiv nicht.

Hier die wichtigsten Tipps nochmals zusammengefasst:

  • Knüpfe erste Kontakte an Karrieremessen und Kontaktgesprächen.
  • Prüfe das Bewerbungsdossier auf Vollständigkeit.
  • Zeige im Motivationsschreiben auf, wieso du die Stelle willst und zu ihr passt, was dich interessiert und welche wertvollen Erfahrungen du einbringen kannst.
  • Verweise auf deine nebenberuflichen Erfahrungen und Engagements.
  • Passe den CV auf die Stelle an, verwende professionelle Fotos und beschränke dich auf ca. zwei Seiten.
  • Nutze Begriffe wie «verhandlungssicher, Muttersprachniveau, etc.», um deine Sprachkenntnisse aufzuzeigen.
  • Setze bei der Lohnverhandlung weder zu hoch noch zu tief an und denke an Benefits und weitere mögliche Lohnbestandteile.

Melde dich ab dem 23. März für das virtuelle Kontaktgespräch 2021 der Hochschule Luzern an und nutze die Chance, dich mit attraktiven Arbeitgeber*innen zu vernetzten.

Autorin: Bojana Aleksic